Da ich selbst Gründer bin, haben mich die Geschichten hinter Facebook, Google, Apple & Co immer interessiert (The Four). Ich weiß nicht, wie viele hundert Male ich bereits “The social network” gesehen und mich dabei an mein eigenes Campus-Leben in den USA zurückerinnert habe.
Das Buch “The Four” war schon lange auf meiner Liste. Der Autor Scott Galloway setzt sich darin kritisch mit den GAFA-Unternehmen oder, wie er sie nennt, den “Vier Reitern” auseinander. Das Buch ist sehr locker gehalten und lässt sich recht fix lesen. Im Buch werden zunächst die “Vier Reiter” vorgestellt und dann kritisch betrachtet. Vor allem wird die Entwicklung unserer Gesellschaft hin zu einer Spaltung aus wenig völlig überbezahlten Arbeitsplätzen und einer Vielzahl schlecht bezahlter Stellen diskutiert.
#1 Amazon
Seine Darstellung von Amazon malt ein schwarzes Bild für viele Jobs. Amazon experimentiert mit Themen, die kein anderer anfassen würde oder auch kann (Amazon Prime, Warenhäuer in der Luft, Drohnenlieferungen). Die Aktionäre sind an das Scheitern und Versuchen gewöhnt und genießen die knallharte Wachstumsstrategie. Das Geld kommt weniger aus den Gewinnen des Unternehmens, sondern aus dem unglaublichen Wachstum. Scott schätzt, dass Amazon das erste Billionen-Unternehmen sein wird (Das Rennen hat Apple allerdings letzte Woche für sich entscheiden können).
Fehlschlag und Erfindung sind zwei unzertrennliche Zwillinge. Um etwas zu erfinden, muss man experimentieren, und wenn man im Voraus schon weiß, dass etwas funktioniert, dann ist es kein Experiment.
Mail von Jeff Bezos
Amazon konnte einen unnachahmlichen Wettbewerbsvorteil erreichen, indem es in Dinge investiert/probiert, die sich schlichtweg kein anderer Wettbewerber leisten kann.
Im Buch kommt meiner Meinung nach das Thema Cloud-Computing etwas zu kurz. Die Macht und Reichweite, die Amazon damit aufbaut, bei der es ganz andere Margen als im Handel gibt, ist nicht zu unterschätzen. Mittlerweile macht Amazon mehr Gewinn mit der Cloud als mit dem Handelsgeschäft (Quelle). Kaum auszudenken, wie disruptiv und konkurrenzlos Amazon damit weiter in den Online-Handel und in den Ausbau des digitalen stationären Handels investieren kann.
#2 Apple
Apples größte Errungenschaft ist es, die Technologie hinter den Computern “sexy” zu machen. Aus den grauen Kästen in den “Computerräumen” wurden Statussymbole für die Hosentasche. Als Marke im Luxussegment kann Apple unbeschreibliche Margen veranschlagen. So verdient das Unternehmen mit nur knapp 20% am Smartphonemarkt (einen Hauch weniger als Samsung), fast 79% des gesamten Umsatzes.
Apples Sprache des Luxus ist Einfachheit, die ultimative Raffinesse
Auszug aus dem Buch „The Four“
Die Investitionen in den Aufbau der Marke und des Status als Luxusmarke ist eines der wichtigsten und bedeutsamstem Wettbewerbsvorteile für Apple. Gerade in der Computerbranche sind technologische Fortschritte nur eine Frage der Zeit. Als Luxusmarke entzieht man sich gekonnt dem Preis- und Technikkampf und kann z.T. veraltete Hardware mit unglaublicher Marge an seine “Jünger” verkaufen. Apple symbolisiert den Lebensstil “Anders zu sein”, und nicht die Technologie die es ermöglicht.
Im Vergleich zu anderen Luxusmarken wie Ferrari oder Rolex, gelingt es Apple auf der einen Seite Status zu verkaufen, auf der anderen Seite billig produzieren zu lassen. Eine Option, die anderen Luxus-Herstellern verwehrt bleibt. Ferrari oder Porsche würden niemals ihre Autos bei Foxcon fertigen lassen.
Kämpfe nicht zu den Bedingungen anderer.
Auszug aus dem Buch „The Four“
Schlussendlich beschreibt Scott, dass die “Vier” sich inzwischen immer mehr in bestimmten Feldern konkurrieren. Apple geht als einzige Luxusmarke in diesen Kampf der Giganten.
#3 Facebook
Facebook ist das Unternehmen von den “Vieren”, das uns auf die persönlichste Art und Weise kennt. Durch unseren täglichen Interaktionen (im Schnitt 45 Minuten am Tag für Facebook-Produkte) teilen wir Facebook ganz genau mit, was uns gefällt und was nicht. Facebook kann anhand unserer Likes und Interaktionen präzise Voraussagen treffen. So haben verschiedene Projekte gezeigt, dass Facebook z.B. in der Lage ist, den Zeitpunkt zu erraten, wann wir unseren Beziehungsstatus auf “in einer Beziehung” ändern. Eine Studie zeigte, dass 150 Likes ausreichen, um die Persönlichkeit eines Menschen besser vorherzusagen als dessen Ehepartner, und bei 300 Likes ist Facebook besser als man selbst.
So sitzt Facebook auf dem unglaublichen Kapital von fast 2 Milliarden Nutzerprofilen. Während Google und andere Datensammler meist nur Zugriff auf Meta-Daten unserer Kommunikation und Interaktion im Internet haben (woraus definitiv viel abzuleiten ist), verfügt Facebook über verifizierte, persönliche Angaben seiner Nutzer.
Scott spricht auch die vielfach kritisierten Filterblasen an. Die Algorithmen die Facebook einsetzt, versuchen uns stets die Inhalte zu zeigen, die uns nach Möglichkeit gefallen und zu einer Interaktion führen. Die Qualität der Inhalte wird jedoch nur daran gemessen, ob sie zu einer Interaktion führen (Like, Share) und nicht, ob sie inhaltlich korrekt sind. Dabei tragen sie zu einer Polarisierung unserer Gesellschaft bei: Wir lesen immer mehr die Beiträge, die zu unserer Meinungsgruppe passen und fühlen uns in deren Aussagen bestätigt, ohne zu Reflektieren oder anderen Meinungen zu Wort kommen zu lassen.
Klassische, in der Nachrichtenbranche tätige Unternehmen fühlen sich verantwortlich für ihre Rolle als Nachrichtenquelle und versuchen eine redaktionelle Objektivität, Überprüfung der Fakten und ein Gleichgewicht von Meinungsbildern zu erreichen.
Facebook entzieht sich dieser Verantwortung, indem es auf die “Meinungsfreiheit” verweist und sich als Plattform sieht. Diese Verantwortung und den damit verbundenen Aufwand versucht man zu vermeiden.
“Es ist leichter, die Menschen zum Narren zu halten, als sie davon zu überzeugen, dass sie zum Narren gehalten wurden”.
Auszug aus „The Four“
#4 Google
Das Kapitel über den Suchmaschinengiganten Google wird dem Unternehmen aus Mountain View, meiner Meinung nach, überhaupt nicht gerecht. Scott vertieft sich in dem Kapitel sehr in seine persönliche Auseinandersetzung mit dem Techunternehmen als er selbst beratend bei der New York Times tätig war.
Google organisiert das Wissen dieser Welt auf allen möglichen Gebieten (Suche, Karten, Bücher…) und bekommt täglich Millionen von Suchanfragen. Dabei offenbaren die Nutzer ihre innersten Sehnsüchte und Fragen. So bekommt Google täglich Fragen gestellt, die man sich nicht traut seinem Therapeuten oder Pfarrer zu erzählen. Das daraus abgeleitete Wissen (was sucht die Welt, wie entwickelt sich das Interesse an Thema X) ist sehr wertvoll. Auf die Firmierung zu Alphabet und Googles unglaubliche Bemühungen bei Cloud-Computing, künstliche Intelligenz, selbstfahrenden Autos etc. kommen, meiner Meinung nach, völlig zu kurz.
Auch wenn Google kein “persönliches Verhältnis” wie Facebook mit seinen Nutzern hat, lässt die Suchhistorie gepaart mit den Inhalten, die ein Nutzer über Google konsumiert, sehr tief in die Seele eines Internetnutzers blicken.
Als Gatekeeper für Informationen und Anbieter einer gigantischen Infrastruktur wird das Google-Kapitel im Buch dem Unternehmen absolut nicht gerecht.
Wer wird der fünfte Reiter?
Scott stellt in seinem Buch acht Faktoren zusammen, die die DNA der “Vier Reiter” beschreibt und woran man Unternehmen erkennen kann, die das Potenzial für den Thron haben. Diese Faktoren sind:
Produktdifferenzierung: Es braucht ein Produkt, das sich deutlich vom Markt abhebt. Die Faustregel von Peter Thiel im Buch “Zero to One” besagt, dass das eigene Produkt zehnmal besser sein muss, als das nächst bessere Konkurrenzprodukt, um eine Monopolstellung zu erlangen.
Visionäres Kapital: Das Unternehmen muss eine Story erzählen können, bei denen sich die Investoren nur so um die Beteiligungen “kloppen”. Ist die Vision des Unternehmens bedeutsam, wird es Investoren geben, die sich mit ihr identifizieren.
Globale Reichweite: Das Unternehmen muss unter Beweis stellen, dass es globale Reichweite hat. Sprich, es darf nicht durch kulturelle oder rechtliche Grenzen am Wachstum gehindert werden.
Beliebtheit: Besonders spannend fand ich diesem Aspekt unter dem Gesichtspunkt der Regulierung. Scott stellt die These auf, dass Microsoft und Google im Vergleich zu Apple mehr Regulierungen durch Staaten erfahren haben, weil Apple mehr Sexappeal hat. Alle wollen mit dem hippen Unternehmen befreundet sein und Freunde verklagt man in der Regel nicht.
Vertikale Integration: Sie beschreibt die Menge an Kontrolle, die das Unternehmen auf die Wertschöpfungskette hat.
KI: Das Unternehmen hat Zugriff auf viele Daten und kann die dabei entstehenden Rückschlüsse gewinnbringend verwerten.
Karrierebeschleuniger: High-Potentials suchen Orte, wo sie sich beweisen können. Unternehmen, die sich gut im Lebenslauf machen, haben bessere Chancen gute Leute an Bord zu holen.
Geographie: Vernetzung, Zugang zu guten Bewerbern und der Zugang zu Kapital ist wichtig. Sehr oft entscheidet der Standort über die Zukunft des Unternehmens. 75% der Großunternehmen haben ihren Sitz in einer globalen Supercity.
Wer erfüllt diese Faktoren?
Basierend auf diesen 8 Faktoren: Wer kann sich mit den vier Großen messen oder hat das Potenzial sie zu verdrängen? Scott zählt Alibaba, Tesla, Uber, Walmart, Microsoft, Airbnb, IBM und die Telekommunikationsanbieter zu den Top-Kandidaten. Für mich war vor allem sein Bild von Microsoft als “schlafenden Riesen” interessant. Die Verbreitung der Microsoft-Produkte ist bis heute riesig und in vielen Bereichen ein Standard (Office, Active Directory). In letzter Zeit wächst das Cloud-Geschäft stark heran und auch der Zukauf von LinkedIn war strategisch wertvoll. LinkedIn selbst ist fast konkurrenzlos und kann als Social-Network im B2B-Bereich ganz andere Monitarisierungswege wählen, als sie Facebook zur Verfügung stehen.
Take aways
Die Globalisierung und Vernetzung sorgt für eine Spaltung der Gesellschaft. Die Besten werden von den Besten genommen, bekommen überdurchschnittliche Gehälter. Wer Durchschnitt ist, muss sich mit dem anderen Durchschnitt messen, was am Ende ausstirbt ist die Mittelschicht. Es bleibt ein Spalt zwischen High-Performern und denen, die sich dem Preiskampf um ein akzeptables Gehalt stellen müssen.
Wenn Ihr Chef sich nicht für Sie einsetzt, haben Sie entweder einen schlechten Chef oder Sie sind ein schlechter Mitarbeiter.
Auszug aus „The Four“
Wenn man nicht gerade sein eigenes Unternehmen gründet, sollte man sich das Unternehmen, für das man arbeiten möchte, gut anschauen. Wie sehen die Lebensläufe der Vorstände aus? Wenn die meisten aus dem Vertrieb kommen, hat man als Ingenieur vielleicht weniger Aufstiegschancen (und umgekehrt).
Wow, Krass! Da habe ich doch einiges zu dem Buch schreiben können und entsprechend auch mitgenommen. Ich bin sehr überzeugt davon, dass die Arbeitssituation in der Zukunft ein großes Problem sein wird. Die Digitalisierung, allen voran durch KI und Robotik, wird viele Arbeitsplätze durch Maschinen ersetzten. Es gilt Lösungen zu finden, die in unserer Gesellschaft funktionieren. Sei es, in dem jeder nur noch einen Bruchteil von dem arbeitet, wie es heute normal ist oder durch eine Gesellschaft, in der es in Ordnung ist nicht zu arbeiten und anderen Dingen nachzugehen (bedingungsloses Grundeinkommen). “Die Vier” tragen einen großen Beitrag zu dieser Entwicklung bei und ich wünsche mir, dass Sie auch Ihren Teil zu einer Lösung beitragen.
2 Gedanken zu „“The four”: Die Liga der Billionen Dollar Unternehmen“