Es gibt in der Kindheit eine Zeit in der man jeden Mitmenschen mit einer Frage in den Wahnsinn treibt. Sie wird die “Warum”-Phase genannt. Es gibt nicht eine Aussage, der man nicht mit “Warum?” entgegnen kann. Genervt kommt man vielleicht irgendwann zum Wort: “Darum”.
Glücklicherweise hat diese nervige Phase irgendwann ein Ende… Aber warum eigentlich?
Die Warum-Phase half uns als Kind unsere ersten Dialoge zu führen. Man erklärte uns die Welt und wir fingen an zu verstehen. Aber warum sollten wir damit aufhören? Mit steigendem Alter meinen wir die Welt verstanden zu haben. Wir beschäftigen uns mehr und mehr mit dem, was wir gelernt haben. Wie beschäftigen uns mit allem, was uns vermeintlich voran bringt. Dass die Frage nach dem “Warum” zum eigentlichen Kern vordringt, darauf will ich diesem Beitrag eingehen.
Jeder Mensch hat ein “Warum”
Das “Warum” ist der Scheinwerfer, mit dem wir Dinge betrachten. Es gibt uns vor, wie wir die Dinge tun, die wir tun. Was ist der Zweck unserer Existenz? Warum existieren wir? Die Antwort auf diese Frage bildet das Zentrum unserer Persönlichkeit.
All unser Tun wird von diesem Zentrum aus gesteuert. Somit ist klar, dass jeder Mensch, der zum Handeln fähig ist, ein Zentrum hat, von dem die Handlungen ausgehen. Stephen R. Covey nennt dieses Zentrum “innere Stimme”, John Strelecky den “Zweck der Existenz” und Simon Sinek bezeichnet es als das “Warum”. Nicht jeder Hinterfragt oder schärft sein “Warum”, aber jeder hat diesen Motor für seine Entscheidungen.
Ist unsere Motivation die Konkurrenz zu besiegen? Dann ist sie einsam und kompetitiv. Ist unsere Motivation aber, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, dann ist sie edel und erfährt Unterstützung auch von außen. Wenn wir mit dem richtigen “Warum”, der richtigen Vision unterwegs sind, fangen wir an, andere zu inspirieren. Das “Warum” entwickelt eine eigene Dynamik.
Wer sein “Warum”, seinen Zweck kennt, vermeidet Konflikte in dem was er tut. Wenn alle unsere Entscheidungen aus einem zentralen Punkt heraus entstehen, sind all unsere Handlungen authentisch und nachvollziehbar. Andere Menschen fangen an uns zu verstehen und zu schätzen. Unsere Entscheidungen wirken nicht willkürlich, sondern stimmen mit unserer Persönlichkeit überein.
Inspirieren statt Manipulieren
Es gibt zwei Arten wie man Menschen zu etwas motivieren kann. Die Inspiration und die Manipulation. Die Manipulation spricht sehr stark die extrinsischen Triebe an. Durch Einsatz von Verknappung, Preissenkung oder Gruppendruck können wir Kunden zum Kaufen bewegen. Sie kaufen aber, weil wir sie mit rationalen Argumenten quasi dazu zwingen. Der Kauf geschieht vielleicht sogar mit einem mulmigen Gefühl. Vielleicht fragt sich der Kunde am nächsten Tag, warum er eigentlich eingeschlagen hat. Die Manipulation ist nicht nachhaltig, die Freude über einen manipulierten Deal ist schnell verflogen. Er baut keine Bindung auf. Der manipulierte Kunde, wird sich das nächste mal von einem anderen manipulieren lassen.
Echte Loyalität erreicht man nur über Inspiration. Wenn ich jemanden inspiriere, will er bei mir kaufen. Es braucht keinen Druck, keine Verknappung, der Kunde kauft einfach. Der Preis ist völlig nachrangig. Ein Kunde von Harley-Davidson oder Apple, wird beim Kauf nicht wochenlang Preise vergleichen oder zuschlagen wenn Aldi das Produkt im Sonderangebot führen würde. Beide Unternehmen verkörpern etwas, dass über das Produkt hinausgeht. Einen Lebensstil, eine Antwort auf die Frage “Warum”.
Das “Warum” von Apple gilt dem Status Quo. Das Unternehmen will anders sein und steht für das Individuum. Für Menschen dessen “Warum” aus der Masse hervorsticht. Wer sich mit dem “Think different” des Unternehmens identifiziert, fühlt sich vom Unternehmen verstanden. Für ihn gibt es keine andere Wahl, als das Apple-Produkt zu kaufen. Egal, ob die Hardware überteuert oder veraltet ist. Die Loyalität zum Unternehmen ist stärker, weil die Beziehung zum Kunden eine viel tiefere ist. Eine persönliche Bindung an die eigenen Wertvorstellungen und Visionen motiviert intrinsisch. Und die intrinsische Motivation ist immer nachhaltiger als die extrinsische.
Harley Davidson baut nicht die besten Motorräder, auch nicht die schnellsten oder billigsten. Das Unternehmen verkauft einen Traum von Freiheit und Unabhängigkeit. Bernhard Gneithing, der Marketing-Direktor, hatte einmal gesagt “Wir verkaufen einen Lebensstil, das Motorrad gibt es kostenlos dazu”. Diese Aussage fand ich sehr inspirierend. Sie sagt genau das aus, was die meisten Kunden fühlen. Mit dem Kauf einer Harley verbindet man weniger den Kauf eines Motorrads als das Gefühl in Lederkluft die Route 66 runterzukesseln. Ein Bild von Männlichkeit, Freiheit und völliger Unabhängigkeit.
Loyalität heißt, dass Kunden bereit sind, bessere Produkte und bessere Preise abzulehnen, um weiterhin mit jemanden in einer Geschäftsbeziehung zu bleiben.
Zitat aus dem Buch „Frag immer erst: warum“
Manipulationen sind kurzfristig erfolgreich und führen zu den gewünschten Transaktionen. Das macht sie so gefährlich. Der scheinbare Erfolg, den wir mit Hilfe von ihnen erwirtschaften, wirkt wie eine Droge, man kann nicht damit aufhören. Wenn der Kunde sich erst an die niedrigen Preise gewöhnt hat, wird es schwer, ihn wieder vom Gegenteil zu überzeugen. Schon gar nicht, wenn der Preiskampf im Markt stattgefunden hat und alle im Markt die Preise gesenkt haben.
Ein Unternehmen dass für feste Werte steht und ein klares “Warum” widerspiegelt, gibt dem Kunden Sicherheit und einen Bezugspunkt. Wenn man planlos in der Videothek steht und einen Film für seinen 7-jährigen Neffen aussuchen soll, neigt man dazu zu Disney-Filmen zu greifen, weil das Unternehmen die Antwort auf unsere Suche zu sein scheint. Eben weil uns das “Warum” des Unternehmens klar ist: Disney steht für kindgerechte Unterhaltung und Familienfilme.
Ein letztes inspirierendes Beispiel eines “Warums” ist die “I have a dream”-Rede von Martin Luther King. In seiner Rede bezog er sich nicht auf konkrete Lösungsvorschläge und Schritte. Stattdessen sprach er von einem “Traum”, dem “Warum” es sich lohnt, für seine Sache einzutreten. Dieser Traum inspirierte die Zuhörer sich zusammenzutun und die Welt zu verändern. Nicht alle Ansätze der Zuhörer waren gleich, aber alle teilten das gleiche Fundament, den gleichen Traum. Ihr gemeinsames “Warum”.
Das Fundament eines Unternehmens
Das “Warum” ist für die Angestellten eines Unternehmens umso wichtiger. In der Anfangsphase eines Startups wahrscheinlich sogar der einzige Grund, warum Menschen in einem Startup arbeiten. Der Glaube an eine größere Sache, die Möglichkeit sich selbst zu verwirklichen und Teil einer spannenden Reise zu sein ist für viele mehr wert, als eine gute Bezahlung.
Je größer ein Unternehmen wird, desto nachhaltiger muss das “Warum” im Unternehmen verankert sein. Viele Unternehmen scheitern, weil der inspirierende Gründer verpasst, sein “Warum” im Unternehmen zu verankern. Nur wenn jeder Mitarbeiter sich mit dem “Warum” identifiziert und die gleichen Werte vertritt, werden die Entscheidungen im Sinne des Unternehmens gefällt.
Als Sam Walton sein Unternehmen “Wal Mart” aufbaute, war sein Ziel ein Unternehmen zu schaffen, dass seiner unmittelbaren Umgebung hilft. Wal Mart unterstützte die Gemeinden in der es eine Filiale hatte und bezahlte ihre Mitarbeiter anständig. Mit dem Ausscheiden aus dem Unternehmen kam eine neue Führung in das Unternehmen. Sie kannten nicht das “Warum” des Gründers, sondern nur die Auswirkungen davon. So fokussierten Sie sich auf die Preispolitik und die Gewinnmaximierung, welche eine Folge und nicht die Ursache von Sams eigenen Werten war. Das Unternehmen entfremdete sich von seinem ursprünglichen Wert.
Wenn der Führer einer Organisation nicht klar formulieren kann, warum die Organisation über Produkte und Dienstleistungen hinaus existiert, wie soll er dann erwarten, dass seine Angestellten wissen, warum sie arbeiten?
Zitat aus dem Buch „Frag immer erst: warum“
Wer das “Warum” beantworten kann, beantwortet den Zweck seiner Existenz. Diesen Zweck zu verstehen, hilft Menschen das Unternehmen zu verstehen. Ein eindeutiger Zweck zieht Leute an, die sich darin wiederfinden, die die gleichen Werte und Visionen teilen. Sie werden nicht primär für Geld arbeiten, sondern weil ihre Arbeit sinnstiftend ist. Das Ergebnis sind glückliche Mitarbeiter, die loyal sind und das “Warum” des Unternehmens im Sinn haben. Ihre Entscheidungen fallen immer im Sinne des Unternehmens aus und ermöglichen das eigenständige Arbeiten im Unternehmen. Ein gut kommuniziertes “Warum” ist der Rahmen in dem sich ein Unternehmen nachhaltig entlang eines roten Fadens entwickeln kann.
Wenn das “Warum” in einer Organisation klar definiert ist, dann kann jeder innerhalb der Organisation Entscheidungen treffen, die genauso klar und richtig sind wie die Entscheidung des Gründers. Das “Warum”” stellt den richtigen Filter für den Entscheidungsprozess zur Verfügung.
Zitat aus dem Buch „Frag immer erst: warum“
Simon Sinek motiviert uns, immer zunächst nach dem “Warum” zu fragen. Zu prüfen, was im Zentrum unserer Unternehmung steht. Auf das “Warum” folgt dann das “Wie” und das “Was”. Neben seinem Buch gibt es auch einen sehr guten TED-Talk, den ich an dieser Stelle verlinken möchte.
Ich wünsche euch alles Gute und vor allem sinnstiftende Arbeit.
3 Gedanken zu „Motivation: Im Zentrum steht das Warum“