Kennt ihr das Gefühl, dass man den Tag voller Aufgaben hat und wie gelähmt vor seiner Aufgabenliste steht? Womit soll ich anfangen? Das schaff ich doch gar nicht! Die Motivation sinkt immer weiter in den Keller und sobald man sich mal an ein Thema herangewagt, fällt einem gleich das nächste auf die Füße.
Wie kann man einen kühlen Kopf bewahren, das Gehirn wieder freipusten und seine Motivation zurückgewinnen? Mit dieser Frage beschäftigt sich David Allen in seinem Buch “Getting things done”. Er stellt ein paar Regel auf, mit denen man in weniger Zeit, konzentriert viel mehr schaffen kann. Auf seine Aspekte und ein paar andere Erfahrungen möchte ich heute einmal eingehen.
Eins Vorweg: Es gibt nicht “Die Methode”, um effektiv und produktiv zu arbeiten. Der Vorschlag von David Allen stellt nur ein Model von vielen dar. Jeder muss für sich den Weg finden, der am besten funktioniert. Ich habe aus dem Buch ebenfalls nur ein paar Aspekte aufgegriffen und mit den Sachen verbunden, die für mich im Alltag funktionieren. Wer tiefer in die Materie einsteigen will, sollte “Getting things done” und vielleicht auch “Atomic Habits” einmal selbst lesen.
Warum sollte man sich mit seiner Produktivität beschäftigen?
Engagierte Menschen haben in der Regel mehr Aufgaben als sie im Alltag schaffen können. Und ich denke, wenn du diesen Beitrag gerade liest, kannst du dich vermutlich sehr gut mit dieser Aussage identifizieren. Eine hohe Abgabenbelastung kann lähmend wirken unproduktiv machen. Einfach, weil das Gehirn ständig damit beschäftigt ist, den Aufgabenberg zu bewerten. Die dabei entstehende Panik, etwas wichtiges zu übersehen, lässt einen unsicher werden.
Durch die Unsicherheit kommt man ins Rudern, fängt einzelne Themen an, versucht sich im Multitasking und verliert den Fokus. Fokus ist aber zum produktiven Arbeiten dringend notwendig. Man beginnt dadurch, reaktiv zu werden. Teilweise unwichtige Dinge werden zeitnah bearbeitet und Wichtiges geht im Stress unter. Das erzeugt zusätzliche Unsicherheit und Panik – Ein Teufelkreis.
Wer seinen Aufgabenfluss nicht ausreichend managed, wird von seinen Aufgaben gemanaged.
Frei übersetzt aus „Getting things done“
Sich Methoden anzueignen, die einem den Kopf freihalten und immer wieder den Überblick verschaffen, erzeugt Sicherheit und Ruhe. Die Ruhe, die man braucht, um produktiv zu arbeiten, abends und am Wochenende abschalten zu können und immer mit einem frischen Gemüt an seine Projekte zu gehen.
Schlussendlich ist das Gefühl, produktiv zu sein und in seinem Leben voran zu kommen, etwas sehr Schönes. Etwas, dass einen in den Flow-Zustand versetzt und die Arbeit weniger anstrengend erscheinen lässt.
“You need to transform all the ‘stuff’ you attract and accumulate into a clear inventory of meaningful actions, projects, and usable information.”
Zitat aus „Getting things done“
Fünf Stufen der Aufgabenplanung
David Allen stellt in seinem Buch fünf Stufen vor, die eine Aufgabe in unserer Aufgabenverwaltung durchlaufen sollte. Dazu gibt es auch ein passendes Workflow-Diagram. An dieser Stelle findet ihr meine eigene Interpretation davon, das Original verlinke ich aber auch an dieser Stelle.
Stufe 1 – Capture
Damit nichts unsere Arbeit behindert, sollten alle Gedanken, Anfragen und Aufgaben beim eingehen sofort irgendwo erfasst werden.
Dazu dienen verschiedene Eingänge, wie das E-Mailpostfach, ein Notizblock den man mit sich herumträgt oder eine Ablage auf dem Schreibtisch.
Wichtig ist, dass man jederzeit Zugang zu mindestens einem dieser Eingänge hat und dass man sie regelmäßig leert.
Warum?
Weil jede Unterbrechung, sei es ein Gedanke oder eine Anfrage durch eine dritte Person an einem sicheren Ort festgehalten werden sollte. Nur dann kann unser Kopf direkt an dem Thema weiterdenken, an dem er vor der Unterbrechung dran war. Das Regelmäßige Leeren der Eingänge ist wichtig, damit ein verlässlicher Umgang mit eingehenden Themen entsteht. Nur so können wir beruhigt weiterarbeiten in dem Wissen, dass uns nichts verloren geht.
Damit das nicht ausartet, sollte man so wenig Eingänge wie möglich und so viele wie nötig anlegen.
Bei mir sind es Vier: Mein Emailpostfach für eingehende Anfragen, mein Notizbuch für Gedanken und Gesprächsnotizen, die Ablage auf meinem Schreibtisch und eine digitale Liste, die ich mit Alexa oder Google Assistant auch bei der Autofahrt “handsfree” befüllen kann.
Stufe 2 – Clarify
Die Eingänge sollten regelmäßig geleert werden. In meinem Fall ist es meist mittags und Abends. Ich vermeide das leeren am Morgen, da ich morgens meist die größten Themen-Brocken bearbeite und vermeiden möchte, dass mich irgendetwas davon ablenkt.
Beim Leeren der Eingänge ist es wichtig, dass man jeden vollständig leert. Stichwort “Inbox Zero”. Die Eingänge sind wie der Warteraum eines Krankenhauses. Jeder Patient sollte kurz angehört werden, um die “Notfälle” zu identifizieren und die Notwendigkeit einzuordnen.
Jeder Eingang wird bewertet und in das Todo-Tool übernommen. dabei halte ich kurz fest, was das Ziel des Aufgabenpaketes ist (Definition of done eg. Dod) und was als nächstes zu tun ist (Next Action).
Stellt sich dabei heraus, dass die Aufgabe in unter 2 Minuten erledigt werden kann (Häufig bei Emails der Fall), so sollte man die Aufgabe direkt erledigen. Denn die Verwaltung einer Aufgabe sollte niemals länger dauern als dessen Erledigung.
Findet sich keine “Definition of Done”, handelt es sich nicht um eine Aufgabe im herkömmlichen Sinne, dann sind es meist irgendwelche Gedanken, die man Archivieren sollte oder verwirft.
Andere Aufgabenpakete sind aber auch so komplex, dass sie aus mehreren “Next Actions” bestehen und so wird ein Projekt daraus.
Die Aufgaben auf meiner Liste bekommen dann noch ein bis zwei Daten.
- Do-Date: Ein Datum, an dem ich mir die Aufgabe vornehme
- Due-Date: Ein Datum, an dem die Aufgabe erledigt sein muss (Deadlines)
Die beiden Daten helfen mir später beim Review zu entscheiden, welche Aufgaben ich verschieben darf und welche erledigt werden müssen. Mit den Due-Dates sollte man dabei sehr vorsichtig umgehen. Sonst wird man von Deadlines erschlagen und verzettelt sich oder kommt nicht mehr im Hellen nach Hause.
Clarifying requires a very different mind-set than capturing: it’s best to do them separately.
Zitat aus „Getting things done“
Stufe 3: Organize
Regelmäßig sollte man sich Zeit nehmen, seine Aufgaben zu organisieren und zu gruppieren. Wenn eine Todo aus mehr als einer Aufgabe besteht, macht es Sinn, sie als Projekt zu führen. Selbst Dinge wie “Neues Heimkino einrichten” oder “Monatsbericht schreiben” können in diesem Sinne Projekte sein. Eine Projektliste gibt einem Klarheit über all die Themen, die man gerade jongliert. Dieser Überblick kann auch zum Aufräumen genutzt werden.
Sind manche Projekte sinnlos oder nicht zielführend? Wie oben bereits angemerkt, hat man eigentlich immer mehr als man schaffen kann auf der Liste. Da ist es gut, auch auszumisten.
Falls die Projekte Shareholder haben (Ehefrau, Partner, Freunde), sollte man nicht vergessen, diese über die Entscheidung zu Informieren, damit keine Erwartungen enttäuscht werden.
Beim Organisieren, kann man die Aufgaben auf einzelne Listen verteilen. Hier kann man der Review-Stufe zuarbeiten und Aufgaben nach Kontexten sortieren.
Sinnvolle Kontexte sind:
- Call: Immer dann wenn ich Zeit und Ruhe habe zu telefonieren
- QuickWin: Aufgaben < 5 Minuten, die ich in kleinen Zeitfenstern ortsunabhängig lösen kann.
- Home: Dinge, die ich zuhause erledigen kann
- Office: Dinge, die im Büro zu tun sind
- Car: Dinge, die ich Unterwegs erledigen kann/sollte
- … Weitere Orte an denen ich häufig bin und für gewöhnlich Aufgaben habe (Stadt, Co-Working-Space)
- Offline: Dinge die ich unterwegs ohne Internet erledigen kann (Gerade in Deutschland wichtig :P)
- Waiting: Hier warte ich auf andere und muss ggf. nachhaken.
Aufgaben, die einen feste Deadline haben, sollten einen festen Zeitblock im Kalender haben.
Aber Achtung!
Der Kalender ist ein heiliger Ort! Dort sollte nicht zu viel eingetragen werden, damit die Verbindlichkeit nicht verloren geht und der Kalender zu einer zweiten Todo-Liste wird.
Stufe 4: Reflect
Die einzelnen Aufgaben sind also erfasst, spezifiziert und organisiert worden. Jetzt geht es an die Umsetzung.
Man sollte sich regelmäßig Zeit nehmen, sich eine Übersicht seiner Aufgaben und Prioritäten zu verschaffen und zu überlegen, welche Aufgaben man in welcher Reihenfolge bearbeiten will. Für mich gibt es zwei wichtige Zeitpunkte für eine Reflexion meiner ganzen Aufgaben.
- Morgens: Zum Frühstück verschaffe ich mir einen Überblick über die Dinge, die für den jeweiligen Tag wichtig sind und welche Aufgaben die höchste Priorität haben.
- Freitags: Um fürs Wochenende abschalten zu können, werfe ich einen Blick auf die offen gebliebenen Punkte der Woche und die anstehenden Punkte der nächsten Woche.
Und wie entscheidet man, was als nächstes zu tun ist?
Um effektiv seine nächsten Schritte planen zu können, sollte man sich ein System angewöhnen, dem man nahezu blind ohne viel Nachzudenken folgen kann. Das Gute ist, dass die Schritte 1-3 hier hervorragend darauf hin arbeiten und man kaum noch Gedanken über die Einzelnen Aufgaben verschwendet. Die Priorisierung erfolgt dann über 4 Ausschlusskriterien:
- Context: Was kann ich überhaupt erledigen? Reifenwechsel am Schreibtisch ist z.B. schwierig
- Time Available: Was kann ich überhaupt zeitlich schaffen? Gibt es etwas, das fix vor dem nächsten Meeting erledigt sein muss?
- Energy Available: Wieviel Kraft habe ich noch, mental oder physisch? Viele Aufgaben fallen da weg, oder sollten morgens als erstes erledigt werden, wo man noch frisch ist.
- Priorität: Welche Themen sind wirklich wichtig? Hier sollte man seine Vision und Werte im Blick haben sowie die Ziele der einzelnen Projekte.
Stufe 5: Engage
Die letzte Stufe ist dann das eigentliche Tun. Also die Umsetzung der einzelnen Aufgaben. Dabei ist es wichtig, fokussiert zu arbeiten. Gefahren sind hier, dass das Abhaken der Aufgabe gegenüber der eigentlichen Aufgabe in den Vordergrund gerät. So läuft man Gefahr, etwas nur halbherzig zu bearbeiten, damit es von der Liste kommt. Oder noch schlimmer: Aufgaben an Kollegen zurück zu delegieren, ohne einen Fortschritt zu erzielen.
Ich nenne das das Hot-Potato-Prinzip! In Unternehmen gibt es viele unliebsame Aufgaben, die mit dummen Nachfragen lange im Unternehmen bewegt werden, ohne jemals bearbeitet zu werden. Das bringt keinen voran und ist darüber hinaus noch mega frustrierend.
Manchmal muss man eben in die heiße Kartoffel beißen und die Aufgabe erledigen.
Vier letzte Tipps um den Umgang mit Todos zu optimieren
Als letztes möchte ich noch vier Punkte aufgreifen, die mir beim täglichen Arbeiten in den letzten Jahren sehr geholfen haben.
- Wenn man eine Todo-Erstellt, sollte alles Relevante direkt mit rein:
Wenn ich zum Beispiel eine Aufgabe zu einem Kontakt im CRM-System erstelle, ist es ein leichtes, den Link zum Eintrag direkt mit in meine Todo zu kopieren. Vielleicht auch dazu noch den Link zur Mail der Anfrage und die Adressdaten des Kontaktes. Diese Informationen habe ich beim erstellen des Todos direkt vor der Nase und beim Abarbeiten zukünftig dann direkt zur Verfügung. Das spart eine Menge Kramerei - Labels benutzen, um Kollegen/Ansprechpartner zu markieren
Viele Todo-Programme bieten die Möglichkeit, die Aufgaben zusätzlich zu markieren. Hier macht es Sinn, Ansprechpartner zu markieren. Wenn man dann mal ein Gespräch hat, kann man gleich alle Themen besprechen, die mit dem jeweiligen Partner markiert sind. - Nach dem Mittag ist die beste Zeit, um die Eingänge zu leeren
Nach dem Mittagessen fällt man oft in ein Tief, bei dem man nicht viel Produktives erreichen kann. Perfekt also, um all seine Eingänge (Email, Ablage, Notizen…) zu leeren und zu Organisieren. - Sich nicht unterbrechen lassen
Spontane Impulse “Mist, das muss ich dringend machen” oder Anfragen “Kannst du mal kurz” unterdrücken. Alles kommt zunächst in den Eingang. Echtes Multitasking gibt es nämlich nicht und jede Unterbrechung einer Aufgabe vermindert die Qualität und macht einen unproduktiv.
Ich hoffe, einige Punkte helfen euch im Alltag weiter. Beim Lesen des Buches “Getting things done” habe ich vieles nochmal schärfen können. Die Methoden in diesem Beitrag sind aus verschiedenen Büchern wie “Atomic Habits”, “Getting things done” oder auch Blog-Posts zusammengefasst, weil es so für mich am besten funktioniert. Daher an dieser Stelle nochmal: Finde deinen eigenen Weg, der für dich am besten passt. Methoden und Impulse gibt es viele.
In dem Sinne: Produktives Arbeiten!
(Cover Photo by Nathan Dumlao on Unsplash)
1 Gedanke zu „Produktiv arbeiten: Wie man Aufgaben priorisiert und den Überblick behält“